Der Tiefseefisch

Marieluise Fleißer

Schloßpark-Theater, Berlin
7. September 1980

Inszenierung: Thomas Reichert
Bühne und Kostüme: Nina Ritter
Dramaturgie: Klaus Völker
Musikalische Einrichtung: Wolfgang de Gelmini

Laurenz, Publizist: Dieter Laser
Gesine, Schriftstellerin: Elisabeth Rath
Tedel, Freund von Laurenz: Klaus Mikoleit
Jurkat, Freund von Laurenz: Christoph Felsenstein
Tütü, Häuptling von Gruppe 28: Friedhelm Ptok
Wollank, Manager von Gruppe 28: Wolfgang Pampel
Hütchen, Redakteur: Lothar Blumhagen 
Mitglieder der Clique Namenlos
Erich: Holger Madin
Erwin: Rainer Pigulla
Miss Orion: Sibylle Gilles
Sekretärin: Cordula Habel
Zimmervermieterin: Charlotte Joeres
Dekorationsmaler: Harald Kühr
 

Aufführungsrechte Suhrkamp-Verlag, Frankfurt am Main

Kritiken
Michael Töteberg, 1980
Ein Theaterabend, an dem es Entdeckungen zu machen gab: In Marieluise Fleißers «Der Tiefseefisch», bei dessen Uraufführung vor ein paar Monaten in Wien die Kritik von einem unerträglich selbstmitleidigen Stück schrieb, läßt sich groteske Komik freilegen. Thomas
Reichert (bisher drei Inszenierungen in Frankfurt und Bremen) zeigte, daß das fragmentarische Drama nicht nur spielbar ist, sondern zwei Paraderollen für Schauspieler enthält, die Elisabeth Rath und Dieter Laser bravourös auszufüllen wußten. Reichert, hatte sich auf den Text eingelassen, ohne sich durch das literarhistorische Umfeld einschüchtern zu lassen. Hier wurde nicht all das, was bei der Lektüre befremdlich wirkt, gekürzt, unterspielt oder durch Zusätze erklärt. Sondern Reichert tastete sehr genau die zwanghafte Dynamik der Beziehung Gesine/ Laurenz ab: die Notwendigkeit und gleichzeitige Unerträglichkeit einer Liebe. 
Ein spannungsgeladener Abend mit Brüchen, plötzlichen Umschlägen, aber in jedem Moment voll psychologischer Plausibilität. Reichert insistierte auf das Stück vor allem in den beiden ersten Akten und ließ die «Hölle mit dem Stichwort privat» sich breit entfalten. . . .

Peter Hans Göpfert, 1980 
Boy Gobert macht sich seinen Start in Berlin nicht leicht, spielt im Schloßparktheater gleich zu Anfang einen schweren Brocken: „Der Tiefseefisch" der Marieluise Fleißer, um 1930 geschrieben, 1972 für eine Gesamtausgabe komplettiert, aber nie eigentlich fertig geworden. Ein zutiefst autobiographisches Stück, denn die Fleißer hat kurz und bündig versucht, mit Bertolt Brecht abzurechnen (der hier als Häuptling, als Denker und Lenker eines Literatur-Clans mit dem Namen Tütü fungiert); vor allem aber arbeitet sie ihre schwere Beziehung zum Hellmut Draws-Tychsen auf.
Das Stück zeigt einen bösen Kampf. Laurenz, ein Publizist, beutet seine Gefährtin, die Schriftstellerin Gesine, quälerisch aus. Er zehrt von ihrem Gelde und ihrer Seele. Ein Kampf, in dem Liebe ausgedörrt ist, totale Hingabe gefordert und geleistet wird. Den Mann erreichen Schlag auf Schlag die Nachrichten der literarischen Erfolgslosigkeit. Die Frau, wieder, seinetwegen, wird von einem mächtigen Dichtermonopol unter Druck gesetzt. Er verweigert Anpassung an die Doktrinen des Literatenbosses, verlangt aber von ihr, die zu Beginn der Nazizeit sich als eine „Gegnerin von gestern" erweist, Konzessionen an den neuen Geist. Die sie nicht erbringen will. Da ist es aus....