
Guillaume Apollinaire
in einer Vertonung von Gerald Resch
Premiere: | 2015 |
Theater: | Kabinetttheater Wien |
Komposition: | Gerald Resch |
Regie: | Thomas Reichert |
Bühnenbild und Figuren: | Julia Reichert, Christian Schlechter |
Kostüm: | Burgis Paier |
Dramaturgie: | Alexandra Millner |
Therese, Teresias, der Sohn, die | |
Wahrsagerin: | Ulla Pilz |
Der Ehemann: | Bartolo Musil |
Spiel: | Katarina Csanyiova, Tanja Ghetta, Walter Kukla |
Cello und Singende Säge: | Maria Frodl |
Technik: | Kolja Maierhofer |
Fotograf: | Armin Bardel |
Eine Frau steht ihren Mann: Therese hat genug vom Kinderkriegen und Essenmachen. Als Tiresias macht sie ab nun in Sachen Politik. Ihr Ehemann muss selbst zusehen, wo er Speck und Nachwuchs herbekommt. Während seine Frau sich aufs Denken und Reden verlegt, wird er (re)produktiv und bringt es auf 40.049 Kinder an einem Tag! Arbeitsteilung unter umgekehrten Vorzeichen? Das kann nicht gut gehen. Die Kinder heulen, und Sansibar verarmt am Babyboom.
In dem absurden Stück „Die Brüste des Tiresias“, 1903 begonnen und 1916 mitten im Ersten Weltkrieg fertiggestellt, greift Guillaume Apollinaire eine Thematik auf, die damals die gesamte westliche Zivilisation beschäftigte: Wenn die Männer im Krieg sind und dort ihr Leben lassen, wo soll neues Leben her? Wer kümmert sich um den Rest? Als Frauen in die Positionen der Männer nachrücken mussten, da Not am Mann war, da wurde die Frage nach der Gleichberechtigung noch einmal neu gestellt: Sind die Geschlechter in jeder Hinsicht gleichstellbar? Sind sie austausch- oder gar ersetzbar?
Für seine moderne Anverwandlung der antiken Geschichte vom Geschlechtertausch findet Apollinaire drastische Bilder mit skurriler Wirkung: fliegende Brüste, sprechende Kioske, serielle Kinderversorgungsstätten – eine Herausforderung für die Werkstatt des Kabinetttheaters mit seinen „bewegten Sachen“.
Auch Apollinaires Stück „Die Brüste des Tirisias“ ist eine Auseinandersetzung mit einem antiken Stoff und seiner heutigen Relevanz, eine Opera buffa. Es wurde 1947 mit der Musik von Francis Poulenc für großes Orchester in der Opéra Comique in Paris uraufgeführt.
Für das Kabinetttheater vertont der österreichische Komponist Gerald Resch das Stück als Kammerspiel für 2 Stimmen, Klavier, Cello und singende Säge.
Alexandra Millner